Nachdem der Ritter seine Herrin verlassen will,
fühlt sich die Dame in ihrer gesellschaftlichen Stellung verunsichert,
denn nur die Gegenwart ihres Minnepartners ließ sie "hochgemuot"
(MF 95,1) sein.
Die Trennung aber stürzt sie in tiefe Bedrängnis
:
"des wart mir nie so not."
(MF 95,5a) .
Die Trennung bereitet der Dame sogar doppelten Kummer.
Zunächst lobt sie in Sorge um das Wohlergehen des
Ritters, gleichzeitig aber trägt sie an der Furcht vor der gesellschaftlichen
Abwertung.
Im Gegensatz zu den reinen Minneliedern Albrechts von
Johansdorf ist der Mann in den Kreuzzugsliedern der Überlegene. Er
allein steht vor der schweren Entscheidung, aus umfassenderem Wissen und
unter dem Gewicht des größeren Schicksals spricht er jeweils
das letzte Wort, tröstend, belehrend oder seine liebevollen Gedanken
ins Gebet lenkend.1
In dreifacher Hinsicht ist Albrecht von Johansdorf seinen
Standesgenossen, die er immer wieder anspricht, überlegen :
1. in seinem festen Glauben an die Notwendigkeit
des Kreuzzuges (die Argumente
der Kreuzzugsgegner widerlegt er mit überzeugenden Worten) ,
2. in
seiner gefestigten Minneauffassung, deren besonderes Kennzeichen die unbedingte
Liebe zur
Einen ist,
3. in der Befähigung, Gottesdienst und Minnedienst
während der Kreuzfahrt glücklich miteinander zu
verbinden (indem er auf die
Fahrt geht, erwirbt er für seine Herrin den göttlichen Lohn)
.
In diesen Punkten will Albrecht seinen Standesgenossen
Mahner und Berater sein.
Am eigenen Beispiel weist er nach, wie er an seiner sittlichen
Vervollkommenung gearbeitet und
die Regungen menschlicher Schwachheit überwunden
hat.
_______________________
1. Vgl. U. Fülleborn, a.a.O.,
S. 362 !