In den Kreuzzugsliedern MF 86,1 und MF 87,29 erfahren
wir, welche Bedingungen die Herrin erfüllen muss, um sich die Hälfte
des göttlichen Lohnes zu erworben.
Wenn der Ritter von seiner Kreuzfahrt zurückkehrt,
dann hofft er die Herrin in Ehren wiederzusehen. Ihr guter Ruf und ihr
gesellschaftliches Ansehen liegen Albrecht von Johansdorf sehr am Herzen:
"ine erwache nieiner ezn si min erste segen,
daz got ir eren müeze pflegen
und laze ir lip mit lobe hie gesten."
(MF 88,13-15) ,
"waz möhte ir an ir tugenden bezzer sin
dan obes ir umberede lieze sleht,
taete an mir einvaltecliche,
als ich ir einvaltec bin."
(MF 86,11-14).
Jeder von ihnen, der Kreuzfahrer und die Herrin, müssen
die Prüfung dos Schicksals bestehen.
Wie ernst der Dichter es mit der "kiuschiu site" meint,
zeigen die Verse MF 86,31.32:
"sül aber si ir leben verkeren,
so gebe got, daz ich vervar."
Lieber will er auf dem Schlachtfeld fallen, als erleben
zu müssen, dass die Daheimgebliebene während seiner Abwesenheit
den Regeln der höfischen Gesellschaft zuwidergehandelt hat.
Nichts anderes möchte Albrecht von Johansdorf in
seiner Herrin sehen, als eine vorbildliche Repräsentantin der gültigen
Moral des 12. und 13. Jahrhunderts.
Ein besonderes Merkmal der Johansdorfschen Minneauffassung
ist die unbedingte Liebe zur Einen. Die erste Minneverbindung, die der
Dichter eingeht, muss notwendigerweise auch die letzte sein.
Die Möglichkeit einer weiteren Liebesbeziehung wird
ausdrücklich abgelehnt.
Die wahre, echte Minne ist ausschließlich einer
einzigen Frau allein gewidmet.