3.4.1 Übersetzung
Meine Herrin und ich, wir haben
nun schon so lange Zeit
miteinander den Minnestreit geführt.
Ich habe unter ihrem Unwillen viel
gelitten.
Noch hält sie den Minnestreit
aufrecht,
aber sie fürchtet nun, dass
ich sie freigebe,
weil ich zum Kreuzzug aufbreche.
Gott soll mich aber zur Hölle
fahren lassen,
wenn das je meine Absicht sein
sollte.
Wie sehr auch die unbändigen
Wogen und Fluten toben mögen,
ich will sie an jedem Tag loben.
Es mag auch durch Leichtfertigkeit
viele Donnerschläge geben,
um deretwillen sie mich aufgeben
könnte.
Nun sagt (selbst), wie sehr sie
im Vergleich zu mir im Vorteil ist.
Sie geht mir keinen Tag aus dem
Sinn.
Ob ich sie jemals wiedersehe,
dass weiß ich wirklich nicht.
Deshalb möge sie mir glauben,
was ich ihr nun gestehe,
es kommt mir aus tiefem Herzen.
Ich liebe sie mehr als alle Frauen
und schwöre ihr das bei Gott.
All´ mein Sinnen und sogar
mein Leben
stehen in ihrem Dienst.
Jedes Mal, wenn ich erwache, sei
es mein erstes Gebet,
dass Gott ihre Ehre behüte
und ihre Gestalt löblich bewahre.
Danach gewähre ihr, Herr,
ewig währende Glückseligkeit in deinem Reiche.
Und so wie ihr, so möge es
auch mir ergehen.
So sehr es mich nun auf die Kreuzfahrt
zieht,
so sehr bekümmert es mich,
was inzwischen hier geschieht.
Ich weiß wohl, alles ändert
ich.
Diese Sorge schmerzt mich (sehr),
denn ich werde (wohl) nicht alle,
die ich hier gesund zurücklasse, wiedersehen.
Wer am Leben bleibt,
dem wird so manches Furchtbare
widerfahren, was jeden Tag eintreten kann.
Wir haben in einem einzigen Jahr
so viele Menschen verloren.
Daran erkennt Gottes Zorn!
Nun kehre jedes gute Herz in sich.
Die Welt ist unbeständig.
Ich meine diejenigen, die auf falsche
Ratschläge vertrauen.
Sie werden am jüngsten Tag:
erfahren, wie es schließlich zugeht.
Wer die Minne in angemessener Weise
betreibt,
ganz ohne falsche Gesinnung,
dessen Sünde wird vor Gott
nicht genannt.
Sie (= die Minne) ehrt ihn und
ist rechtschaffen.
Man muss (aber) die üble Unvollkommenheit
meiden
und nur edle Frauen minnen.
Wenn man es mit Treue vollbringt,
so wird sein tugendsamer Leib es
ihm immer danken.
Können sie sich auf rechte
Weise beides bewahren,
so will ich für sie zur Hölle
fahren.
Aber für die Gemeinen will
ich nicht mein Leben lassen.
Ich spreche für die, die ohne
Falschheit lieben,
so wie ich meiner geliebten Herrin
die Treue halte.