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Daraus muss nun gefolgert werden, dass der Sprecher
auf keinen Fall mit dem "lip" identisch sein kann. 1
Der "lip" will oder muss gegen die Heiden kämpfen,
das Ich des Dichters steht zunächst neutral zwischen beiden, gelangt
dann aber zu der Überzeugung, dass der Weg des Leibes der richtige
ist, da er die ritterliche Wertordnung nicht verletzt und das Überirdische,
Ewige, dem Irdischen, Vergänglichen, voranstellt.
In den beiden anderen Kreuzzugsliedern Friedrichs
von Hausen, in MF 45,37 und MF 48,3 , fallen "herze" und "lip" genau
die selben Rollen zu wie im Lied MF 47,9. Stets werden die beiden Organe
personifiziert und mit eigenem Willen ausgestattet. "Herze" und "lip" stehen
in den genannten Liedern stets als Symbol für die einander widersprechenden
Wünsche und Empfindungen des Ritters.
Die beiden nicht zu vereinbarenden Möglichkeiten
von "varn" und "beliben", von Gottesdienst und Minnedienst, werden auf
"herze" und "lip" übertragen, die somit die Verkörperung von
These und Antithese, von Irdischem und Ewigen darstellen.
Entsprechend der mittelalterlichen Minneauffassung ist
in den Kreuzzugsliedern Friedrichs von Hausen das Herz der Mittelpunkt
aller Seelenkräfte und der innerste Sammelpunkt aller Empfindungen.
Es stellt Seele und Gemüt zugleich dar. "Herze" ist die geistige Persönlichkeit
des Menschen, sein innerster Kern und darüber hinaus das, was an ihm
unsterblich ist. Vor allem aber ist das Herz hier die Heimstätte der
Minne, der Ort, der für immer der geliebten Herrin vorbehalten bleibt.
Diese Eigenschaft bringt es zwangsläufig mit dem Leib in Konflikt,
sobald die Entscheidung des Ritters zur Teilnahme am Kreuzzug gefallen
ist und der Abschied von der "frouwe" unmittelbar bevorsteht.
Wie die Lieder eindeutig dartun, ist es die feste Überzeugung
Friedrichs von Hausen,
dass "herze" und "lip" gemeinsam auf Kreuzfahrt gehen
müssen.
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1. H. Ingebrand identifiziert im Gegensatz zu Ludwig
das Ich des Sprechers mit dem "lip".
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