O. Ludwig 1  weist darauf hin, dass diese Konstellation und die hier vorausgesetzte Situation der eines mittelalterlichen Rechtsverfahrens ähnlich sind. 
Es wird vermutet, Friedrich von Hausen habe ein solcher Prozess bei der Konzeption seines Liedes MF 47,9 vor Augen gestanden.
Das mittelalterliche Strafverfahren war zunächst ein Streit der Parteien, bei dem das Gericht nur die Aufgabe erfüllte,  im Interesse des Rechtsfriedens einen Ausgleich zwischen dem Verletzten und dem Täter herbeizuführen. 
Die Verhandlung lag in der Hand des Richters, die Prozessführung dagegen in der Hand der Parteien, die ihre Anträge an den Richter richteten. Der Richter bedurfte zu jeder Entscheidung eines Urteils der Urteiler. Infolgedessen musste der Richter nicht nur das Urteil selbst, sondern auch die Entscheidung auf die Anträge der Parteien von den Urteilern erfragen. 2
 
In dem Lied MF 47,9 werden zwar nicht alle Punkte eines mittelalterlichen Rechtsverfahrens aufgenommen, dennoch ist es erstaunlich zu sehen, wie an den Hauptlinien festgehalten wird.
Der "lip" stellt somit den Kläger dar, das "herze" den Beklagten. Indem ihr Fall, der eine alte dualistische Antithese aufgreift, vor dem Publikum dargelegt wird, kommt diesem die Rolle der Urteiler zu. Der Richter fehlt allerdings in diesem "Gerichtsverfahren".  Das ist von ganz entscheidender Wichtigkeit, denn der Urteilsspruch fehlt in diesem Lied.
In diesen Rahmen fügt sich nun die Rolle des Sprechers ohne weiteres ein. Im Sprecher findet der "lip" einen Vor- oder Fürsprecher, das "herze" dagegen seinen Ankläger. 
O. Ludwig weist darauf hin, dass es im mittelalterlichen Rechtsverfahren eine Einrichtung gab, die genau dieser Funktion entspricht: das Amt des Fürsprechers.
 
 

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1.  0. Ludwig, a.a.O.,  S. 127ff.
2. Vgl. H. Conrad,  Deutsche Rechtsgeschichte I,  S. 385 - 389 .