Ein anderer Ausweg (der aber in den hier untersuchten
Kreuzzugsliedern nicht nachweisbar ist) ist die "touge minne", die einfach
durch Ausschaltung der Gesellschaft dem schlichten Beisammensein von Mann
und Frau und damit der echten Liebeserfüllung den Weg bahnt.
Das starre Schema von Hoffen und Entsagen, die vorausgesetzte
Hoffnungslosigkeit hat Hartmann von Aue als "wan" erkannt (siehe MF 218,5
!).
Diese Minne ist Illusion, ein gelegener Dienst.
Hartmann richtet seine harte und desillusionierende Kritik
gegen den empfindlichsten Punkt des hohen Minnedienstes. Er lässt
es jedoch nicht bei seiner Kritik allein bewenden, sondern zeigt seinen
Standesgenossen einen neuen, besseren Weg, ein neues Ziel, das Leben
sinnvoll zu gestalten: die Minne zu Gott.
Versteht man Gottesdienst und Minnedienst als Konstanten
ritterlichen Verhaltens, so stellt sich die Frage nach ihrem Einfluss auf
die Verhaltensweisen der Betroffenen.
Beide Parameter prägen dem Mann unterschiedliches
Sozialverhalten auf.
In den reinen Minneliedern ist die Haltung des Mannes
durch die typischen Begriffe "vlehen", "biten", "truren", "erliden" etc.
gekennzeichnet.
Der Mann ist also der Dame unterlegen, er ist von ihrer
Huld und Gnade abhängig.
In den untersuchten Kreuzzugsliedern wird allerdings
der Part des Mannes entschieden veredelt.
Im Sinne der "militia spiritualis" ist er bemüht,
den Kräften des Geistes den Vorrang vor den irrationalen Triebansprüchen
zu verschaffen.
Als christlicher Ritter sucht er sich kontinuierlich
in seinen Tugenden zu vervollkommnen.
Der schwere innere Konflikt zwischen den beiden Antithesen,
die Entscheidung zwischen Gottesdienst und Minnedienst hat ihn geläutert,
so daß er in den Kreuzzugsliedern von einem höheren Erkenntnisniveau
aus spricht.
Am Ende dieses psychischen Entwicklungsprozesses nimmt
der Ritter die überlegene Position ein.
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