4.   Gottesdienst und Minnedienst 
     in den Kreuzzugsliedern Albrechts von Johannsdorf

Das zentrale Problem in den Kreuzzugsliedern Albrechts von Johansdorf ist die Frage nach der Vereinbarkeit von Gottesdienst und Minnedienst wahrend des Kreutzzuges. 
Wie Friedrich von Hausen, so gerät auch Albrecht von Johansdorf in einen inneren Konflikt :

                                   "waz sol ich wider got nu tuon, ob ich belibe, 
                                    daz er mir genaedic si ?
                                                                       (MF 90,9.10).

Allerdings analysiert Albrecht den Trennungsschmerz nicht so "intellektuell" wie Friedrich von Hausen, der die Unvereinbarkeit von Gottesdienst und Frauendienst während der Kreuzfahrt als "strit" zwischen "herze" und "lip" veranschaulicht,  sondern stellt ihn mit einfachen Mitteln und schlichten Worten, fast "naturalistisch", als inneren Vorgang dar.
In schlaflosen Nächten ("ich gedenke manege naht..."; MF 90,8) überdenkt er seine Lage. 
Dem Wunsch daheim bei der geliebten Herrin zu bleiben, steht die Forderung nach Erfüllung seiner ritterlichen Pflicht entgegen. Die Entscheidung, die Albrecht von Johansdorf trifft, ist ganz im Sinne der großen Kreuzpredigten und Sendschreiben gegeben, deren Argumente er sich in seinen Kreuzzugsliedern zueigen macht. Dem Daheimgebliebenen wäre es für immer unmöglich, die Gnade Gottes zu erringen, möge sein Leben auch noch so untadelig im Sinne der ritterlichen Lebenslehre verlaufen, möge auch seine einzige Schuld in der untrennbaren Minne zu seiner Herrin bestehen. 
Nur Gottes Gnade kann für ihn der entscheidende Maßstab sein; so darf an der endgültigen Entscheidung für die Kreuznahme kein Zweifel bestehen.