getan.  Man denke dabei etwa an die Persönlichkeit Walthers von der Vogelweide.  Ein weiterer Schritt zur Verwischung der Grenzen zwischen den dichtenden Ständen ist getan, als die Fahrenden sich der Stoffe bemächtigen, die bisher Monopol der ritterlichen Poeten waren.
Das standesgemäße Minnelied des Ritters wurde allmählich durch die "ungefügen Töne" der höfischen Dorfpoesie abgelöst. Aber wenn Walther solchen Verfall auch bitter beklagt, so bringt er andererseits durch kräftigen und derben Realismus der deutschen Dichtung doch eine Bereicherung.2

4.   Vortrag und Publikum
Der Ritter, der Ministeriale, der Spielmann, wer auch immer seine Gedichte oder Lieder vorträgt, ist gänzlich abhängig vom Beifall seines Publikums, dessen Urteil er sich beugen muss. Das Interesse, das den Liedern entgegengebracht wird, bestimmt auch das Weiter- und Nachleben.
Das Verhältnis von Dichter und Publikum ist ganz unmittelbar und persönlich. Bei jedem Vortrag muss sich der Sänger die Gunst seines Publikums neu erkämpfen. So mancher hohe Herr, sei er Graf, Fürst oder Geistlicher, wird zum Gönner des Dichters.   "Hätte es damals kein Mäzenentum gegeben, unmöglich konnte die
Dichtung so aufblühen, unmöglich der Dichter Zeit, Muße, Stoff und Anklang für so große Werke finden...."3   schreibt H. Schneider in diesem Zusammenhang. Als Beispiel nennt er die Dichterherberge des Landgrafen zu Eisenach, "deren Ruhm schon nach wenigen Jahrzehnten in dem Festspiel vom Sängerkrieg auf der Wartburg mit Sagenzügen umrankt wurde" .  Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide haben dort gedichtet, und Heinrich von Veldecke wurde dort die Vollendung des "eneit" ermöglicht. Am Hofe Wenzels von Böhmen

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1. H. Schneider, a.a.O. S. 210 .
2. Vgl. W. Grabert, A. Mulot, a.a.O. S. 55.
3. H. Schneider, a.a.O. S. 217.