Da die Preise kontinuierlich steigen, erhalten
die Bauern gutes Geld für ihre Waren; die Abgaben an die Herren aber
erhöhen sich nicht. Daher hebt sich vielerorts der Wohlstand auch
auf dem Lande.
An die Stelle des Lehnsstaates, der auf dem gegenseitigen
Treueverhältnis von Lehnsherrn und Lehnsträger beruhte, tritt
der Beamtenstaat, in dem der Wille des Herrschers durch absetzbare Beamte
durchgeführt wird. Bei den Rittern tritt an die Stelle des feinen,
höfischen Lebens immer mehr das Faustrecht und die rohe Gewalt. Infolge
der veränderten Waffentechnik (Aufkommen von Feuerwaffen) und der
Bildung von Söldnerheeren verlieren die Ritter schließlich endgültig
ihre militärische Bedeutung.
"Die Kehrseite (des Rittertums) darf von Anfang an nicht
übersehen werden. Ein bewaffneter und berittener Stand, an Kriegsdienst
gewöhnt, selbstbewußt und schwer zu zähmen, war nur so
lange zum Segen, als er seine Kräfte nach außen wandte und das
besondere Maßhalten auch wirklich betätigte, dar> die Sitte
ihn eingeschärft hatte. Der Verfall der Zentralgewalt, das Fehlen
auswärtiger Ablenkung, das Nachlassen höfischer Knecht mußte
ihn zur Gefahr für die .Sicherheit dos eigenen Landes werden lassen.
Das Fehdewesen innerhalb des Reiches, dem selbst Kaiser Friedrich nicht
zu wehren vermocht hatte, nahm unter seinen Nachfolgern überhand.
Der Ritter wurde zum raub— und rauflustigen Friedensbrecher, der von Fehde
zu Fehde stürmt. Solcher Druck erzeugte Gegendruck, der Bürger
durfte in der Wehrtüchtigkeit nicht zurückstehen, und. dein Bauern,
mochte ihm das Waffenträgern gleich der Lebensstrafe verboten sein,
erwuchs dieselbe Pflicht der Notwehr. /.../
Materielle Not mochte zu dem Sinken des edelsten der Stände vieles
beitragen. Seine Wohlhabenheit mußte zurückgehen, weil das höfische
Leben, das Turnier große Summen verschlang.
Dieser Verfall dos Rittertums ist aber nur dadurch zu erklären,
daß zuerst die Eigenschaft, die wir heute als Ritterlichkeit bezeichnen,
in einer drangvollen und verwilderten Zeit schnell abhanden gekommen war."
(Aus: H. Schneider. Heldendichtung, Geistlichendichtung,
Ritterdichtung. Heidelberg
1925, S.200 .)
|