Das Lied tragt daher auch keinen "adhortatio"-Charakter mehr;
ebensowenig versucht der Dichter, belehrend auf seine Zuhörer einzuwirken.
Es scheint fast, als sei das Lied überhaupt nicht für einen großen
Zuhörerkreis gedacht, sondern nur für die beiden Liebenden allein.
Die Idee des Kreuzzuges hat ihre Leuchtkraft für einen Weg zu
Gott verloren. Auch trägt die Problematik der Kreuznahme nicht mehr
zur Vertiefung der Minne bei (siehe beispielsweise Albrecht von Johansdorf),
erst recht vermag die Kreuznahme nicht mehr die vollständige Absage
an die Minne zu bewirken (siehe Hartmann von Aue oder Heinrich von Rugge).
Die Minnethematik hat somit ihren tieferen Bezug zur Kreuzzugsthematik
verloren.
Damit beginnt auch der letzte Gnadenwert der überhöhten Gottesininne
seine Bedeutung zu verlieren: "gotes hulde" wird vom Ritter noch für
beide als Lohn erbeten, von der Dame aber nicht mehr erwähnt.
Ebenso rasch, wie die Kreuzzugsidee verblaßt, verliert in der
Kreuzzugslyrik auch die Minne ihren Stellenwert und gleitet vom höfischen
in den antihöfischen Bereich ab .
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1, Siehe auch: F.W. Wentzlaff-Eggebertf a.a.O., S.302f.
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