|
3.24 Zum Inhalt
Der Dichter geht von einem inneren Zwiespalt aus. Er
erlebt ihn als Streit zwischen zwei Organen,
die in der Gesamtökonomie des menschlichen Verhaltens
bestimmte Funktionen haben: Herz und Leib. Sie werden als Träger ihrer
Aufgaben personifiziert und mit eigenem Willen ausgestattet ("wellent scheiden",
"wil gerne vehten", "den tumben willen").
Der Leib, das Organ des tätigen Wirkens, strebt
nach Rittertat im Dienste Gottes und damit im Dienst der ewigen Seligkeit.
Das Herz, das Organ des liebenden Gefühls, hält
an dem Dienst der von ihm erwählten Dame und damit am Dienst
irdischer Seligkeit fest. Der Dichter vermag aus eigener Kraft diesen Zwiespalt
nicht zu lösen. Er wird fortdauern ("iemer sit"), wenn Gott ihn nicht
ausgleicht.
Der Kunstgriff des Liedes besteht darin, dass Friedrich
von Hausen den Zwiespalt zwischen Gottesdienst und Frauendienst, den andere
Dichter und auch er selbst an anderer Stelle in der Ichform behandeln,
hier auf Rollen verteilt hat. Der Dichter selbst spielt beide Rollen
mit, er ist in beiden ganz gegenwärtig und nutzt die Möglichkeiten,
welche diese "Doppelrolle" bietet, künstlerisch aus.
Wie schon das Lied MF 45,37 lehnt sich auch dieses an
ein französisches Vorbild an. Es übernimmt das Motiv des Zwiespalts
von "herze" und "lip" aus einem Kreuzzugslied des Conon de Bethune, das
als Aufruf zum dritten Kreuzzug Ende 1187 entstand. Der Franzose preist
in fünf Strophen die Verdienstwürdigkeit der Teilnahme am Kreuzzug,
wobei am Rande als höfisch - höfliche Floskel die
Versicherung erscheint, dass sein Herz der besten Dame
zur Verfügung bleibe, auch wenn sein Leib auf die Kreuzfahrt gehe.
|